Die Apokalypse ist mehr als nur die Artikulation pessimistischerVorahnungen, mehr als die Vorstellung eines Endes derWelt: Nach der Katastrophe beginnt die Befreiung und die Phase der Erneuerung – aus dieser Perspektive betrachtet, ist es das die Geschichte transzendierende Paradies. Zudem sieht sich die apokalyptische Autorin oder der apokalyptische Autor selbst auf der Schwelle dieses Umsturzes, wo sich das drohende Unglück durch unmissverständliche Zeichen anzukündigen beginnt, aber die Kettenreaktion fataler Ereignisse noch nicht ausgelöst wurde – es ist das radikale Bewusstsein der Endzeit in der Erwartung einer bevorstehenden Erlösung.

Mit der wachsenden Bedeutung der Neuen Me- dien beschwört die kritische Reflexion unklare und furchtbare Szenarien, inzwischen bekannt aus den Diskussionen über die „alten“ Massenkommunikationsmittel. Einerseits geht sie in Habachtstellung hinsichtlich der Sinnverdunkelung auf der puren Oberfläche der elektronischen Bilder, wobei sie an den Punkt gelangt, an dem das Überleben der Menschheit infrage gestellt wird. Andererseits wird mit derselben Vehemenz die Diskussion über die große „Offenbarung“ der Neuen Me- dien im globalen Dorf weitergeführt: Bei diesem wunderbaren Erscheinen werden Computer und Internet zumVersprechen desWeltfriedens, zur Rettungsbotschaft und -hoffnung. In diesem Sinne hat Vilém Flusser herausgestellt, wie die kontinuierliche Steigerung des technischen und wissenschaftlichen Fortschritts einer Logik der unaufhaltsamen Abstrahierung von Material folgt. DieseVeränderung vollzieht sich derart, dass sich immer mehr Dinge und Apparate zwischen den Menschen und dieWelt schieben und die Realität vollständig mediatisiert wird. Der Technologie muss also die „Kommunikologie“ entsprechen: Der Mensch kann sich der Medien und der Netz- werke bedienen, als wären sie Mittel zur Rettung vor der Absurdität eines Endes der Existenz und der Welt.

Obwohl Vilém Flussers Überlegungen nicht frei von Widersprüchen oder idiosynkratischen und kontroversen Aspekten sind, liegt ihr grundlegendes Verdienst in der Erforschung von neuen Kategorien, von Konzepten für eine menschliche und konstruktive Zukunft, die nicht auf der Erhaltung zerfallender Strukturen basieren, sondern vielmehr auf der Errichtung einer neuen Gesellschaft: in der Ethik, der Sorge um den anderen, in philosophischen Fiktionen und vor allem in den Provokationen durch Denkanstöße, die eine Richtung aufzeigen wollen, in der sichTheorie und Kunst,Wissenschaft und Politik zusammen entwickeln sollten.