Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


de:hypertext

Hypertext

Das Hypertext-Projekt „elektronisches Buch“ wurde von Bernd Wingert und seinem Team am Kernforschungszentrum Karlsruhe (KFZK), heute Teil des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) in Deutschland, initiiert. Obwohl es 1991 fertig gestellt wurde, ist das „elektronische Buch“ im Hypertext-Format in vielerlei Hinsicht anspruchsvoller als die heute üblichen Formen des digitalen Publizierens.

Mit dem Hypertext sollte das entstehende partizipatorische Potenzial der neuen technologischen Publikationsform genutzt werden. Der Hypertext wurde so konzipiert, dass er die wichtigsten Aspekte der Erfahrung, an einer der Vorlesungen von Vilém Flusser teilzunehmen, reproduziert und extrapoliert. Revolutionär für die damalige Zeit waren Merkmale wie die über Hyperlinks verbundenen vertiefenden Erläuterungen von Flussers Terminologie sowie die Möglichkeit, eigene Kommentare mit anderen zu teilen und dem Professor (oder anderen Teilnehmern) eine Frage zu stellen. Ein weiterer seltener Schatz für Flusser-Gelehrte ist die reiche Sammlung bibliographischer Ressourcen, die über Hyperlinks mit dem Text verbunden sind.

Der im „Flusser-Hypertext“ ausgearbeitete Text stammt aus einem Vortrag, den Flusser am 2. März 1989 am KFZK unter dem Titel „Schreiben für Publizieren“ gehalten hat. Er beschreibt einige der wesentlichen Tugenden und Herausforderungen des elektronischen Publizierens im Hinblick auf die Produktion von negentropischer „new information“. Zum Beispiel besteht beim digitalen Publizieren durch die Transkodierung des Schreibens die Möglichkeit, durch die technische Unterbrechung der Beziehung zwischen dem Schriftsteller und dem „allgemeinen Bereich des Dialogs“, eine Kommunikation zu erzeugen, die weitaus besser in der Lage ist, zeitgemäß relevante Informationen zu vermitteln als herkömmlicher Text allein.

Flusser setzte spezifische Prioritäten für die Entwicklung des Hypertextes, u.a. dass er redundante Informationen vermeiden sollte, dass er diskursiv sein sollte, aber auch, dass er Meinungsverschiedenheiten zulassen sollte. Der „Flusser-Hypertext“ arbeitet also bewusst das Potential heraus, das in der digitalen Transformation eines Vortrags freigesetzt wird. Er ist ein Prototyp für eine digitale Form der philosophischen Auseinandersetzung.

Originaler Artikel von Baruch Gottlieb

Melden Sie sich an, um einen Kommentar zu erstellen.
de/hypertext.txt · Zuletzt geändert: 2021/11/05 17:51 von 127.0.0.1