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Schnittstellen / Interfaces

Schnittstellen sind sowohl Oberflächen als auch Schwellen. Einerseits ist ein Interface eine Art Bildschirm, welche wörtlich oder bildlich, Bedeutungen und Operationen enthält. Auf der anderen Seite ist ein Interface ein Fenster oder eine Tür, die den Durchgang erleichtert.

Als Fenster oder Tür hat die Schnittstelle eine Grenzfunktion, zum Beispiel zwischen dem menschlichen Körper und der Außenwelt der Apparate und Geräte. Allgemeiner ausgedrückt ist ein Interface jede Unterscheidung zwischen etwas und etwas anderem: HTML ist die Schnittstelle zwischen lesbarem Text und Markup-Tags; der Gefrierpunkt ist die Schnittstelle zwischen Wasser und Eis. Schnittstellen/Interfaces sind physische oder symbolische Markierungen von Unterschieden. Sie stellen die künstliche Unterscheidung zwischen zwei Medien dar und ermöglichen es, Medien in andere Formen umzuwandeln. Aufgrund ihrer Rolle als Unterscheidungsmerkmale existieren Schnittstellen/Interfaces in Zusammenhängen, die systemisch, geschichtet oder verschachtelt sind. Um eine solche systemische Architektur zu ermöglichen, müssen Schnittstellen kompliziert kodiert und reguliert werden. Schnittstellen sind Zonen des Austauschs und als Schwellenwerte sind sie produktiv und generativ. Doch als Regulatoren schränken sie auch den Durchgang ein oder verzögern ihn. Daher zeigen Schnittstellen eine dialektische Spannung zwischen dem Unmittelbaren und dem Verborgenen, dem Klaren und dem Komplizierten oder dem Offensichtlichen und dem Undurchschaubaren.

Doch Schnittstellen sind nicht einfach nur Schwellen, sie sind auch Oberflächen oder Bildschirme. Eine Schnittstelle ist das, was Vilém Flusser eine “signifikante Oberfläche” nennt (Towards a Philosophy of Photography, 1984, S. 6). Eine Schnittstelle ist also nicht nur eine Entscheidungszone, die Austausch und Durchgang erleichtert, sondern auch eine “undefinierte Zone” zwischen innen und außen (Genette, Paratexts, 1997, S. 2). Nicht nur Türschwellen auch Schnittstellen haben ihre eigene innere Realität, sie unterstützen einen autonomen ästhetischen Raum. Kante und Mitte verbinden sich innerhalb der Schnittstelle und binden den Rahmen und das Werk zusammen. Interfaces verbinden so innen und außen.

Originaler Artikel von Alexander Galloway

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schnittstelle_interface.txt · Last modified: 2021/11/05 17:47 by 127.0.0.1