Im Video “The gestures of the professor” 1972 präsentiert Flusser seine Definition von Gesten und deren Komplexität. Im zweiten Teil, auf einem zweiten Videobande spricht er von der Krise des Bewusstseins (“We are in a crisis of consciousness”) (Forest, 36:33). Diese hat mehrere Ebenen (“dimensions”) (ebd. 36:39) und kehrt in den Arbeiten und Veröffentlichungen Flusser immer wieder auf. Im Zusammenhang mit den aufgenommenen Gesten benennt er hier explizit die Krise der Objektivität. “Objectivity is a myth.” (ebd. 37:02) Seine Schlussfolgerung beruht auf der Annahme, dass die Beobachtung auch immer das geschehende beeinflusst. So ist es nicht möglich eine wissenschaftliche, objektive audio-visuelle Aufnahme über Gesten zu machen, ohne dass die Gesten des Beobachteten sich des Bewusstseins der Aufnahme lösen und die Kamera und die Kameraführung objektiv beobachten könnten.

Flusser betont, dass ohne Objektivität die Wissenschaft in eine Art Krise gerät “But if we lose objectivity, all our science enters in a kind of crises. […] a crisis we can call the crises of occidental sciences.” (ebd. 37:07 ; 37:14). Objektivität und Wirklichkeit liegen dicht beieinander. Bereits in seinen Veröffentlichung über das Technische Bild plädiert Flusser dafür, dass eine Simulation der unmittelbaren Wirklichkeit nicht gibt. Die Wahl des Motivs (z.B. Fred Forests Auswahl des Bildausschnitts während der Aufnahmen), die Einstellung der Tiefenschärfe (z.B. Fokus auf den Spiegel (01:30) oder auf Flussers Schatten (11:39))und Belichtungszeit sowie die Kriterien der Betrachtung (sowohl des Machers, als auch des Zuschauenden) beeinflussen die 'Objektivität' des Bildes.

Flusser, Vilém/ Forest, Fred (1972): Les gestes du professeur / The Gestures of the Professor: video by Fred Forest 1972. Online unter: http://flusser.club/en/winterschool-video-archive/ (letzter Zugriff: 15.11.2020).